Republik Polen - Landschaften und Kultur
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Masuren, Land der tausend Seen!

Was passiert wenn man in Richtung Osten fährt? Man kommt nach Sibirien würde manch einer rufen. Ja stimmt, aber vorher kommt man an den Masuren vorbei! Masuren, gelegen im nordöstlichsten Teil von Polen, grenzt dieses Gebiet an die russische Enklave Kaliningrad (früher Königsberg und Hauptstadt von Ostpreußen). Masuren und das Elbinger-Gebiet bilden den östlichsten Teil der polnischen Seen- und Waldlandschaft , natürlich neben dem wunderschönen Ermland und den weiten Weichselgebieten...

So hatten wir unseren ersten Teil begonnen, der über das wunderbare Gebiet zwischen Elbingen und den Masuren berichtete. In der Zwischenzeit hat sich viel getan und nicht nur Corona hat Land und Menschen verändert.

Aber der Reihe nach. Das Polen und speziell das Gebiet der Masuren und des Ermland ein bevorzugtes Reiseziel von mir ist, wird man schon gemerkt haben. Zu schön und spannend sind Natur und Menschen. Mit dem Auto, Fahrrad und auf Schusters Rappen waren wir schon sehr oft unterwegs, doch noch nie mit einem Hausboot. Der Wunsch dazu wurde bereits 2011 geboren, da es erstmalig Touren ab Danzig bei einem Reiseanbieter gab. 2019 nahm unser Traum Gestalt an und die ersten Vorbereitungen begannen. Natürlich kann man heute fast überall in Europa ein Hausboot mieten und das sogar ohne Führerschein. Kann man machen, muss oder sollte man aber nicht! Etwas Wissen und Erfahrung auf Wasserstraßen ist ein Vorteil. Deshalb entschloss ich mich den Sportbootführerschein (SBF) zu machen, obwohl es mit über 60 Jahren nicht mehr so einfach ist.

Ein passendes Reiseziel und einen Yachtcharterer hatten wir schnell gefunden. Bei der Buchung einer solchen Tour empfehlen wir einen deutschen Anbieter, obwohl es auch in Polen viele gute Anbieter gibt. Doch man muss aufpassen und genau hinschauen, gerade wenn es um die Nebenkosten geht. Viele polnische Vermieter sind gerade bei den Nebenkosten nicht zimperlich und versuchen hier die Unwissenheit der Kunden auszunutzen, wenn es um Parkplatzgebühren, Abwasser, Kraftstoff oder Endreinigung geht. Der Abschluss einer Kautionsversicherung, Skipper-Haftpflicht-Versicherung oder Reiserücktrittkostenversicherung sind empfehlenswert und sollte bei der Vorbereitung eine Rolle spielen.

Als Ausgangspunkt unserer Bootstour 2020 wählten wir den Hafen von Giżycko (dt.Lötzen). Hier wollten wir vom Löwentinsee in nördliche und südliche Richtung fahren, da der See wunderbare Verbindungen dazu mittels Kanalsystems bietet.

Doch dann kam Corona und die Reisebeschränkungen. Alle Träume und Ziele schienen wie Seifenblasen zu zerplatzen. Polen machte seine Grenzen zu und Reiseveranstalter hoben die Hände zum Himmel. Selbst meine SBF-Prüfung geriet ins Wanken. Unsere Reise sollte am 13.06.2020 beginnen. Doch alles wurde Gut. Ich bestand die Prüfung und die Grenzen wurden genau am 13.Juni geöffnet. Nichts stand unserer Tour mehr im Wege.

 

Zugegeben, die masurische Seenplatte liegt nicht gleich um die Ecke. Doch die Fahrt lohnt sich hundertmal, auch wenn es etwas über 700 Kilometer sind. Landschaftlich Schön, aber fahrtechnisch sehr anstrengend haben wir nicht die polnische Landstraße gewählt, sondern fuhren auf der Autobahn in Richtung Warschau. Etwa 30 Kilometer hinter dem Warschauer Kreuz haben wir dann die Autobahn verlassen und mussten dann noch rund 200 Kilometer Landstraße (Höchstgeschwindigkeit 90 km/h) in Richtung Giżycko hinter uns bringen. Nach 8,5 Stunden waren wir am Ziel im modernsten Yachthafen von Polen und konnten sofort unser Boot beziehen. Der fachkundige polnische Partner unseres deutschen Yachtcharterer erledigte alle Formalitäten und Einweisungen hervorragend. So konnten wir bereits gegen 16 Uhr eine erste Probefahrt zur Tankstelle durch den mittelalterlichen Kanal von Giżycko antreten.

 

Die Kanalfahrten sind gewöhnungsbedürftig, da die Kanäle nur zwischen 12 und 20 Meter breit sind. Gleichzeitig hat dieser Kanal eine Besondertheit, eine Drehbrücke aus dem 19.Jahrhundert. Die Anlage von Kanälen im damals ostpreußischen Masuren und die Nutzung der Kanäle durch Dampfschiffe führte in den 50er Jahren des 19.Jahrhunderts zum Bau der Lötzener Drehbrücke. Eine erste Konstruktion bestand aus zwei Brückenelementen, die auf die Seiten gedreht wurden, um Schiffe den Kanal passieren zu lassen. Am 4.September 1859 stürzte diese Brücke infolge Überlastung ein. In den folgenden Jahren wurde nach einer neuen technischen Lösung gesucht. 1889 konstruierten Ingenieure der Firma Bechelt aus Grünberg eine neue Brücke, die nun aus einem 20 Meter langen und 8 Meter breiten beweglichen Brückenjoch bestand. Das mehr als 100 Tonnen schwere Element konnte von einem Brückenführer manuell auf eine Seite des Kanals gedreht werden. 1960 bis 1970 wurde die Brücke modernisiert und mit einer elektrischen Anlage ausgestattet. Folge dieser Modernisierung waren starke Beschädigungen des Kais und der gesamten Uferbefestigung, worauf die Brücke wieder gesperrt werden musste. 1990 bist 1993 erfolgte an der Drehbrücke wieder der Rückbau. Seitdem wird sie tagsüber an festgesetzten Zeiten von einem Brückenführer per Hand bedient.

Man muss sich also vorher informieren über die Öffnungszeiten der Drehbrücke, da man sonst am Kai festmachen muss und unter Umständen ein oder zwei Stunden warten muss. Gleichzeitig gibt es in Polen noch eine weitere Besonderheit. Das Mieten von Wasserfahrzeugen (Segelboote, Hausboote, Yachten und Jet-Ski) ist dort wesentlich ausgeprägter, als in Deutschland und das auch ohne Sportbootführerschein. Einweisungen werden sehr lasch gehandhabt. Dementsprechend sind auch die Fahrfertigkeiten so mancher Zeitgenossen. Jet-Ski-Fahrer drängeln nicht nur an Tankstellen, sondern auch in den Kanälen. Hier heißt es einfach - Ruhe bewahren.

Der Weg zur Tankstelle im Revier von Giżycko ist etwas kompliziert, da die Tankstelle neben der neuen Marina 2019 schließen musste wegen technischen Problemen. Leider gibt es nur eine kleine Station (ORLEN) am Port Sailor, welche knapp eine Fahrstunde vom Heimathafen (Marina Giżycko) entfernt ist. Es gibt nur zwei Wege dorthin. Entweder über den Giżycko-Kanal (mit Drehbrücke u. Wartezeit) oder über den Löwentin-Kanal mit 15 km Umweg über den Löwentin-See (Jezioro Niegocin) in den Kissain-See (Jezioro Kisajno). Für das Betanken sollte man Zeit einplanen, da der Bereich zum Tanken sehr klein (eng) und flach ist (Boote mit einem Tiefgang über 1 Meter werden hier Probleme bekommen).

Gut ausgeschlafen und mit gefüllten Tank-Behältern konnten wir so am nächsten Tag starten zur Südtour über den Löwentin-See in Richtung Tałter-Gewässer.

 

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Bearbeitungsstand: 22.09.2020